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Marcel Proust (1871-1922) hielt nichts von der literarischen Verwertung des eigenen Lebens. Romane würden nicht dem biographisch beschreibbaren Alltags-Ich, sondern dem geheimnisvollen, ungreifbaren Tiefen-Ich entspringen. Und doch gibt es auch bei Proust Phasen intensiven Erlebens, die dieses Tiefen-Ich fraglos stark geformt haben. Andreas Isenschmids Essay erzählt Prousts Leben als Folge von sechs Identitätsstiftenden Geschichten: die Kindheit in einer witzigen und literarisch versierten jüdischen Großfamilie im französischen Auteuil; die glühende Entdeckung der Homosexualität und des Schreibens im Gymnasium; Verklärung und Vernichtung der Gräfin Greffulhe und ihres Salons; die Wallfahrten auf John Ruskins Spuren, die Proust zu sich selbst führten; das erste Auftauchen des großen Romans "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" in einem kleinen Notizbuch aus dem Jahr 1908; und die fieberhaften Änderungen, die Proust noch in seinen letzten Tagen und Stunden an dem siebenbändigen Meisterwerk vornahm.